Einmal in der Woche ist Bewegungsrunde bei den Offenen Hospizangeboten in Mögeldorf. Dieses Angebot bringt Menschen zusammen und ermöglicht Aktivität bis zum Schluss. Dabei dürfen alle mitmachen, ganz gleich, ob sie lebensverkürzt erkrankt sind, bereits in fortgeschrittenem Alter so wie ich oder einfach interessiert sind. Ich komme gern zu den offenen Hospizangeboten und hoffe, dass es allen Teilnehmenden gut tut, fröhlich und entspannt bei der Sache zu sein. In der Gruppe fühle ich mich wohl. Ich spüre, dass das gemeinsame Interesse an der Sache die Teilnehmenden miteinander verbindet.
Meiner Endlichkeit bin ich mir bewusst. Für einen 85-jährigen, denke ich, sollte das selbstverständlich sein. Zumal ich als Kind schon das Kriegsende bewusst erlebt habe. Vor den typischen Kriegsfolgen wie Hunger oder Flucht bin ich zwar verschont geblieben, nicht aber vor Krankheit. Die Jahre von 1944 bis 1948 habe ich mit einer tuberkulösen Hüftgelenksentzündung im Wesentlichen im Bett verbracht; jeweils in mehrwöchigem oder mehrmonatigem Wechsel zwischen Krankenhaus und zuhause. Jeweils zuhause im Beckengips und im Krankenhaus im "Streckverband". Im Krankenhaus wurde ich in der Zeit bis zum Kriegsende wegen des im Raum Frankfurt täglich zu erwartenden Fliegeralarms nach dem Frühstück wie alle ans Bett gebundenen Patienten in den Keller gefahren und gegen Abend wieder zurück ins Krankenzimmer. Zuhause waren im ländlichen Taunus die Fliegeralarm-Zeiten begrenzt auf die etwa einstündigen Zeiten des tatsächlichen Überflugs der Bomberverbände - vormittags von West nach Ost und Nachmittags in der Gegenrichtung. Da trug mich dann mein Großvater (der Vater war bei der Wehrmacht) - mit meinem Beckengips in den Keller. Der Großvater war ein vom Glauben an Gott geprägter herzensguter Mann, Methodistenprediger, der mich wie auch meine Geschwister und die Familie und Nachbarn in dieser Zeit sehr gut auffangen konnte. Wir alle haben ihn geliebt. Unserer Endlichkeit sind wir uns in dieser Zeit - dank der Großeltern ohne Furcht - bewusst geworden. So hat mich der Glaube an Gott durchs Leben getragen. Und ich vertraue darauf, dass er mich bis zum Tod trägt."
Offene Hospizangebote - was ist das?
Es wurde die Erfahrung gemacht, dass Betroffene zu spät hospizliche und palliative Hilfeleistungen in Anspruch nehmen. Häufig weil sie es nicht kennen oder der Begriff „Hospiz“ abschreckt. Das Ziel ist es, betroffene Menschen nach Diagnosestellung frühzeitig in das Hilfesystem einzubetten. Bereits 2021 wurde mit dem Aufbau der Offenen Hospizangebote in Mögeldorf begonnen. Betroffene Menschen sollen schon ab Diagnosestellung einer nicht heilbaren Erkrankung ins Hilfesystem eingebettet werden. Die Angebote sind ein Mix aus Kultur, Entspannung, Fachvorträgen und Selbsthilfe. Schwerkranke sollen dabei unterstützt werden, möglichst lange zu Hause zu bleiben. Hiervon profitieren auch die Zugehörigen, da ihre Nahestehenden bedürfnisorientiert und bedarfsgerecht versorgt werden. Für Angehörige wird so ein Ausgleich zum Pflegealltag geschaffen und sie haben die Möglichkeit, verschiedene Angebote nach eigenen Wünschen selbst wahrzunehmen und sich auszutauschen.
(Mögeldorf, März 2023)