Mit Humor gegen die Angst – Wie ‚Ex und hopp(s)‘ das Sterben auf die Bühne bringt
Szenenbild aus „Ex und hopp(s)“

Mit Humor gegen die Angst – Wie ‚Ex und hopp(s)‘ das Sterben auf die Bühne bringt

Ein Stück aus Improvisationen zu entwickeln, bietet viele Möglichkeiten. Wir haben alle möglichen, zum Teil völlig absurden Vorgaben gemacht und konnten so einerseits ausloten, ob bestimmte thematische Stränge für ein Stück erfolgversprechend sind, andererseits boten die Improvisationen einen unschätzbaren Schatz an 'Zitaten' und Ideen, die in das spätere Stück eingeflossen sind. Eine weitere Chance dieses Ansatzes liegt darin, dass sich die Teilnehmenden unbefangen und frei mit einem Thema auseinandersetzen konnten, das Menschen normalerweise eher Angst macht oder abstößt. Sie konnten Unaussprechliches oder Absurdes sagen, etwa beim Wettbewerb um die schönste Todesart oder bei der Aufforderung, Zeugen bestimmter Todesarten pantomimisch darzustellen. Die einzige Herausforderung für alle bestand darin, sich aus der Komfortzone zu wagen und so Neues entstehen zu lassen.

Gab es berührende Momente während der Proben?
Die Corona-Pandemie hat uns mitten im Prozess ausgebremst – wir mussten pausieren, mit Abstand und Masken proben. Trotzdem blieb die Motivation stark. Es war berührend zu erleben, wenn eine Gruppe Vertrauen fasst und auf eine Premiere hinarbeitet – wissend, dass es ein Wagnis ist, dieses Thema mit Humor anzugehen. Einzelne Szenen gehen einem sehr unter die Haut – etwa, wenn eine Verstorbene ihrer Tochter aus dem Jenseits eine Nachricht auf den Anrufbeantworter spricht. Es berührte uns auch, dass zwei Spielerinnen während der Probenzeit persönliche Verluste verarbeiten mussten und sich dennoch dafür entschieden weiterzumachen.

Das Thema Sterben ist oft mit Angst besetzt – warum ist es Ihnen wichtig, es mit Humor auf die Bühne zu bringen?

Wie schon bei 'Bertha' arbeiten wir mit einer Art Verfremdungseffekt: Eine heruntergekommene Transportfirma hofft, mit einem neuen Geschäftsmodell aus den Miesen zu kommen. Sie bietet Probierwilligen an, Sterbearten in einem Science-fiction-Simulator auszuprobieren. Die Absurdität dieses Settings ermöglicht es, das Sterben auf eine spielerische und humorvolle Weise anzugehen und Dinge auszusprechen, die eigentlich unaussprechlich sind. Der Humor schafft innerlich Distanz, ermöglicht aber gleichzeitig, sich anders auf das Thema einzulassen.

Was soll das Publikum aus dem Stück mitnehmen?

Nach den Vorstellungen geben wir dem Publikum meist Raum für Rückmeldungen – viele berichten, dass das Stück sie dazu anregt, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen. 

Bei 'Bertha' stand der Konflikt zwischen dem Leiden am ewigen Leben und dem Nicht-Sterben-Wollen im Mittelpunkt – ein Thema, das das Publikum oft als 'Carpe-Diem-Effekt' wahrnahm. Das neue Stück zeigt, dass der Tod immer auch andere betrifft. Zum Beispiel plant eine Frau ihren Abschied perfekt durch, was ihre Kinder jedoch als egozentrische Inszenierung empfinden.

Zudem hinterfragt das Stück unseren Wunsch nach Kontrolle über Leben und Sterben. Es regt dazu an, sich mit Vorsorge und Sterbewünschen auseinanderzusetzen – bei aller Planung bleibt die Einsicht, dass sich nicht alles kontrollieren lässt und wir trotz allem nicht umhinkommen, uns dem Schicksal oder einer höheren Macht anzuvertrauen.

Vielen Dank für das Gespräch!

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