Nadja Seipel

Nadja Seipel

Das Leben genießen – auch wenn es endlich ist

Nadja Seipel ist 48 Jahre alt, Mutter, Ehefrau, Tierliebhaberin – und palliative Patientin. Ihre Diagnose ist schwer, doch ihr Blick auf das Leben ist voller Hoffnung, Klarheit und Wärme. In diesem sehr persönlichen Gespräch erzählt sie, was für sie „gut leben“ bedeutet, wie sie mit ihrer Tochter über Krankheit spricht und warum die Palliativversorgung für sie viel mehr ist als nur eine Wegbegleiterin am Lebensende.

Hallo Nadja. In einem Satz: Wer bist du?
Hallo, mein Name ist Nadja, ich bin 48 Jahre alt, habe eine 15-jährige Tochter, einen wunderbaren Ehemann sowie zwei Hunde und zwei Katzen.

Was bedeutet für dich „gut leben“ – im Bewusstsein, dass das Leben endlich ist?
Ich habe 2015 die Brustkrebsdiagnose erhalten und im Januar 2021 die Diagnose eines Pleuraergusses. Inzwischen habe ich Metastasen in Lunge, Leber, Lymphen und Knochen – ich lebe mit einer palliativen Diagnose.
So schlimm das auch ist: Ich verliere die Hoffnung nicht. Ich freue mich über jeden Tag, an dem ich aufstehen und am Leben teilhaben darf. Das ist nicht immer einfach – aber wichtig ist, dass man nach schweren Stunden wieder nach vorne schaut und das Positive sieht.
Für mich sind das meine Familie, meine Freunde, die Community in den sozialen Netzwerken, unsere Urlaube – und all die kleinen Dinge, die mir gut tun. Ein schönes Kleidungsstück kann zum Beispiel richtig gute Laune machen.

Was glaubst du: Wieso fällt es uns so schwer, über das Sterben zu sprechen – obwohl es uns alle betrifft?
Es ist vielleicht die allgemeine Angst vor dem Sterben – dem Unbekannten. Die habe ich auch: Angst vor dem Sterbeprozess – aber nicht vor dem Tod selbst. Hoffentlich dauert es noch viele Jahre, bis es so weit ist. Bis dahin genieße ich mein Leben, schiebe nichts mehr auf und nehme die Dinge, wie sie kommen.

Du sprichst offen über schwere Zeiten – was hilft dir, wenn du dich machtlos fühlst?
Ich spreche frei über alles, was mich beschäftigt. Natürlich habe ich auch Ängste. Aber vor dem Tod selbst habe ich keine Angst – darüber habe ich viel nachgedacht.
Meine Familie möchte darüber allerdings nicht sprechen, weil es sie zu sehr an meinen vielleicht zu frühen Tod erinnert. Es schmerzt – und diesen Schmerz möchte ich ihnen nicht zumuten. Am besten kann ich mit Menschen reden, die Ähnliches erleben. Sie verstehen mich ohne viele Worte, weil sie das Gleiche durchmachen müssen.

Du bist Mutter – wie sprichst du mit deiner Tochter über Krankheit und Verlust?
Die ganze Wahrheit über mein Leben mit Metastasen habe ich meiner Tochter erst erzählt, als wir für Leon Windscheids Sendung „Terra Xplore - Gut sterben, geht das?“ im ZDF interviewt wurden.
Vorher wusste sie nur, dass ich erneut erkrankt bin und nun dauerhaft eine Therapie brauche.
Sie macht das toll – sie ist sehr resilient. Wenn ich ihr sage, dass sie mir jederzeit Fragen stellen darf, antwortet sie: „Das brauche ich nicht. Ich sehe, wie es dir geht.“

Viele denken bei Palliativversorgung nur ans Sterben. Was bedeutet sie für dich?
Wenn es mir einmal nicht gut geht und ich Schmerzen habe, wende ich mich an die Palliativversorgung. Die päppeln einen wieder auf, physisch wie psychisch. Ich denke, da ist man in den besten Händen.
Wenn mein Ende naht, möchte ich in ein Hospiz gehen. Ich habe mir bereits eines angeschaut – es war schön zu sehen, wie liebevoll die Menschen dort arbeiten und sich kümmern. Ich möchte nicht zu Hause sterben. Unser Zuhause soll ein Ort bleiben, an dem meine Familie Ruhe und Geborgenheit findet – auch nach meinem Tod.

Liebe Nadja, vielen Dank für das spannende Gespräch.
Alles Liebe – und ein wunderbares Leben wünsche ich euch!

 

📱 Der wunderbaren Nadja könnt ihr auf Instagram folgen.

Juli 2025

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